Unweit nach Vestnes ging es fuer einige Kilometer bergauf und am Gipfel des Anstiegs erwartete mich Regen und eiskalter Wind. Ich ueberlegt nach der Abfahrt, ob ich fuer heute nach gerade 30 gefahrenen Kilometern in Sjoholt das Handtuch werfen soll. Da ich aber auch keine Lust auf einen weiteren langweiligen Regentag im Zelt hatte, fuhr ich trotz des schlechten Wetters weiter. Entlang der R650 musste ich durch einige Tunnel, was heute aber ganz angenehm war. Innerhalb der Roehren war es immer windstill und ein paar Grad waermer als ausserhalb.

Ich hatte mir bereits in Deutschland einige lohnende Ziele im Sueden Norwegens ausgesucht. Da bei meiner Ankunft in Linge der Himmel gerade ein wenig aufriss, entschied ich mich heute das einzige noch nicht dem Regen geopferte Highlight zu fahren: die Serpentinenstrasse nach Geiranger hinab.

Ich hatte noch nicht mit der Faehre nach Eidsdal uebergesetzt, regnete es bereits wieder und das Panorama war erneut den Wolken zum Opfer gefallen. Die Wetteraenderung stimmte mich aber nicht um und ich begann Hoehenmeter gutzumachen. Knapp 20 km relativ sanften Anstiegs spaeter hatte ich den hoechsten Punkt, einen Parkplatz mit Aussicht auf den Geirangerfjord hinab, erreicht. Die Sichtweite war mittelpraechtig, aber angesichts der Wetterlage konnte ich damit zufrieden sein. Das was ich sehen konnte, war wirklich aller Muehe wert.

Ich war natuerlich von der Kletterei voellig durchgeschwitzt und in Anbetracht der heutigen Temperaturen musste ich dringend raus aus den nassen Klamotten. Ich nutze das am Parkplatz stehende Toilettenhaus, um die Kleidung zu wechseln und als ich dieses verlassen hatte, traute ich meinen Augen kaum: Es fiel Schnee. Der Regen wechselte sich immer wieder fuer ein paar Sekunden mit Schneefall ab.

Ich zog so ziemlich alles, was nicht nass war ueber und kam trotzdem total durchgefroren im Tal an, wo aber angenehmerweise direkt ein Campingplatz auf mich wartete.

Bevor ich mich anmeldete, fragte ich nach einer Waschmaschine und einem Trockner. Beides war dringend von Noeten und gluecklicherweise am Platz vorhanden, also checkte ich ein.

Es gelang mir nicht, den Anmeldebogen auszufuellen, meine Finger waren steif vor Kaelte. Die Dame an der Rezeption uebernahm diese Aufgabe fuer mich. Zudem erzaehlte sie mir, dass die momentan herrschenden Temperaturen fuer den Oktober ueblich seien, nicht aber fuer den August. Interessant zu wissen, wirklich hilfreich ist diese Erkenntnis aber leider nicht fuer mich. Es scheint mir ein typischer Fall von "zur falschen Zeit am falschen Ort" zu sein.

Nach der Anmeldung ging ich ins Waschhaus und erweckte meine Haende mit warmem Wasser wieder zum Leben, erst dann machte ich mich an den Zeltaufbau.

Kaum stand meine Bleibe, schon erhielt ich von meinen Zeltnachbarn eine Einladung zum Abendessen. Eine Gruppe acht junger Landsleute aus Bayern waren so nett und bescherten mir eine warme Mahlzeit. Ich blieb den Abend bei ihnen an ihrer Biertischgarnitur sitzen und wir unterhielten uns. Im Nachhinen habe ich den Eindruck, dass fast nur ich den ganzen Abend geredet habe. Hoffentlich empfanden sie es nicht als stoerend, aber speziell einer von ihnen zeigte sich sehr interessiert an meiner Reise und schien gar nicht genug davon erfahren zu koennen.

Seit einigen Stunden hat es nicht mehr geregnet und auf dem Campingplatz kursiert das Geruecht einer Wetterbesserung fuer Morgen. Alle verfuegbaren Daumen heute Nacht also bitte gedrueckt halten, der naechste Pass fuehrt mich naemlich noch ein paar hundert Meter hoeher als die heutige Strecke.
Ich bin mir aber nicht vollkommen sicher, ob ich ihn schon morgen in Angriff nehmen werde, der Geirangerfjord ist ein ausgesprochen schoener Fleck, an dem sich ein Tag Aufenthalt regelrecht aufdraengt.